Gesundheitswirtschaft.info (Teil 4)

Innovationen für das Altenheim

Im Alter ins Heim will eigentlich keiner -- trotzdem erweist sich die stationäre Altenhilfe zurzeit als stark wachsender Sektor der Gesundheitswirtschaft, der auch in den nächsten Jahrzehnten große Bedeutung haben wird. Die Branche muss sich jedoch wegen des zunehmenden Versorgungsbedarfs und ungelöster Personalprobleme schwierigen Herausforderungen stellen.

Das zeigen aktuelle Untersuchungen des Instituts Arbeit und Technik (IAT) der Fachhochschule Gelsenkirchen zur Situation der stationären Altenhilfe in Deutschland. Neben politischen und wissenschaftlichen Anstrengungen ist insbesondere auch die Initiative der Träger gefragt, innovative Entwicklungsprojekte können Vorbild sein.

2005 wurden von den offiziell 2.128.550 pflegebedürftigen Menschen 1.451.968 (68,2%) zu Hause gepflegt und 676.582 (31,8%) in einer stationären Pflegeeinrichtung. Dabei verzeichnet der stationäre Sektor gegenüber der Versorgung zu Hause wesentlich stärkeren Zuwachs: Während die Zahl der ambulant betreuten Leistungsempfänger von 2000 bis 2006 um 3,9% anstieg, lag die Steigerung stationär im selben Zeitraum bei 17,4%. Das Altenheim ist also keineswegs ein "Auslaufmodell", sondern auf Wachstumskurs, zumal laut Prognosen die Zahl der Pflegebedürftigen von heute rund 2,13 Millionen auf 3,36 Millionen im Jahr 2030 steigen soll. Die Beschäftigtenzahlen in den Heimen stiegen von 1999 bis 2005 von 440.940 auf 546.397, also um 23,9%. Sie stellen damit rund 12% der etwa 4,7 Millionen Menschen, die in der Gesundheitswirtschaft arbeiten.

Trotz des Wachstums bleibt die Personalsituation durch enge Stellenpläne, Krankheitsausfälle, Qualifikationsdefizite und Nachwuchsprobleme angespannt. Gleichzeitig steigt der Grad der Pflegebedürftigkeit, weil viele Alte so lange wie möglich in der eigenen Wohnung leben und erst sehr spät in ein Heim ziehen. Nicht selten führen Selbst- und Fremdgefährdung zum Umzug, in vielen Fällen auch fortschreitende demenzielle Erkrankungen. Nach Schätzungen sind rund 60% aller Bewohner in Pflegeheimen demenziell verändert. "Die Schere zwischen fachlich feststellbarem Pflegebedarf und der Personalausstattung hat sich in den letzten Jahren auf diese Weise immer weiter geöffnet", stellt der IAT-Gesundheitswirtschafts-Experte Christoph Bräutigam fest. Insbesondere demenziell veränderte Personen erfordern häufig zeitaufwändige individuelle Begleitung, Zuwendung und Beaufsichtigung, die kaum noch leistbar ist. "Vorstellungen von der Altenpflege als einer zwar körperlich belastenden, intellektuell aber eher einfachen Tätigkeit, die vor allem ein "gutes Herz" verlangt, gehen an der Realität und den gewachsenen Qualitätsansprüchen vorbei", so Bräutigam.

Trotz hohen Engagements von Beschäftigten und Leitungen sind viele Einrichtungen von einer allgemein zufrieden stellenden Qualität und professionellen Pflege noch weit entfernt. Aber es existieren Beispiele guter Praxis, die verdeutlichen, wie auch unter den gegebenen Bedingungen eine fachlich gute, menschenwürdige Pflege leistbar ist, die zu einer guten Lebensqualität pflegebedürftiger alter Menschen entscheidend beiträgt. So wurde beispielsweise in dem EU-geförderten deutsch-niederländischen Projekt "Messen, bewerten, besser werden" unter wissenschaftlicher Begleitung des IAT ein praxistaugliches Modell für das Qualitätsmanagement entwickelt. Die Ergebnisse des dreijährigen Projekts der Altenheime der Stadt Mönchengladbach sollen auch weiteren Einrichtungen zur Verfügung gestellt werden.

Quelle: IAT,